Grundlagen der Filtertechnik
Unsere atmosphärische Luft enthält eine Vielzahl von Fremdstoffen, die sich aus festen Partikeln, Rauchgasen, Nebeln und verschiedenen Fasern zusammensetzt. Die in der Atemluft schwebenden Partikel werden Aerosole genannt. Erkenntnisse über die Schadstoffkonzentration und deren Auswirkungen haben zum Einsatz von Luftfiltern in verschiedenen Bereichen, besonders aber in der Reinigung der Zuluft von Lüftungs- und Klimaanlagen geführt, wobei wir generell zwischen Grobstaub- und Feinstaub- bzw. Schwebstoffiltern unterscheiden.
Wir haben ein PDF zu Ihrer Information über Filtereffekte, Filtergrundlagen sowie Prüfnormen zusammengestellt:
Filtertechnik_0I00.pdf (11 Mb) "Grundlagen der Filtertechnik"
Neue Norm ISO 16890, ergänzende Norm ISO 29463
Die EN 779 ist nicht mehr gültig und wurde zurückgezogen. An ihrer Stelle gilt nunmehr die ISO 16890.
Auf unserer Seite www.ISO16890.de erhalten Sie nähere Informationen zu dieser Norm.
Die ISO 29463 ist ein weltweiter Standard für EPA, HEPA und ULPA Filter. Nationale Normen wie die EN1822 oder US-Mil Std 282 werden mittelfristig durch diese Norm wohl nicht ersetzt. Die ISO 29463 ist vielmehr ein Ergänzungsstandard um Bezüge zwischen den Weltweit etablierten Standards bilden zu können.
Auf unserer Seite www.ISO29463.de erhalten Sie nähere Informationen zu dieser Norm.
Abscheidevermögen & Filterklassifizierung
Es existieren weltweit eine Vielzahl unterschiedler Normen zur Bewertung und Klassifizierung von Luftfiltern. Im Bereich der Klima-, Lüftungs-, und Reinraumtechnik sind die ISO 16890 sowie die EN 1822 bzw. ISO 29463 die führenden Standards und werden deshalb hier zusammengefasst vorgestellt:
- Grobstaubfilter der Klassen ISO Coarse werden mit synthetischem Staub (A2 Staub) beaufschlagt, um den gravimetrischen Abscheidegrad zu ermitteln.
- Feinstaubfilter der Klassen ISO ePM10 werden mit einem DEHS und KCL Aerosol mit Korngrößen 0,3 - 10 µm beaufschlagt. Aus roh- und reingasseitiger Partikelmessung ergibt sich der Wirkungsgrad.
- Feinstaubfilter der Klassen ISO ePM2,5 werden mit einem DEHS und KCL Aerosol mit Korngrößen 0,3 - 2,5 µm beaufschlagt. Nach dieser Messung wird der Filter für 24 h einer gesättigten Isopropanolatmosphäre ausgesetzt um ggf. elektrostatische Aufladungen zu entfernen. Damit kann der rein mechanischen Abscheidegrad (ePM min) in einer zweiten Messung festgestellt werden. Es muss mindestens eine Effizienz von 50% gegenüber PM2,5 erreicht werden.
- Feinstaubfilter der Klassen ISO ePM1 werden mit einem DEHS und KCL Aerosol mit Korngrößen 0,3 - 1 µm µm beaufschlagt. Nach dieser Messung wird der Filter für 24 h einer gesättigten Isopropanolatmosphäre ausgesetzt um ggf. elektrostatische Aufladungen zu entfernen. Damit kann der rein mechanischen Abscheidegrad (ePM min) in einer zweiten Messung festgestellt werden. Es muss mindestens eine Effizienz von 50% gegenüber PM1 erreicht werden.
- HEPA bzw. ULPA Filter der Klassen E10-U 17 hingegen werden über den Abscheidegrad der sog. "Most Penetrating Paritcle Size" (MPPS) gemäß DIN EN 1822 bestimmt. Die MPPS liegt je nach Filterkonfiguration zwischen 0,1 und 0,3 µm.
Bei der Auswahl von Filtern in Bezug auf die gewünschte Luftqualität ist die Gruppeneinteilung der ISO 16890 anwenderfreundlich. Es gibt vier Filtergruppen für die eine Ausweispflicht mit der prozentualen Abscheidelistung des Filters im zugehörigen Spektrum gegeben ist. Die Klasse ISO ePM1 75% weist beispielsweise eine Abscheideeffizienz (e) gegenüber Partikeln 0,3 - 1 µm von min. 75% auf. Filter deren Abscheideleistung geringer als 50% bei PM10 liegt werden den Grobstaubfiltern ISO coarse zugewiesen.
Filterklassen der ISO 16890
Klasse | Effizienzbereich | Beispielpartikel / Feinstaub |
ISO Coarse |
ePM10 <50% |
Sand, Flusen, Flugsämlinge, Haare etc |
ISO ePM10 |
ePM10 >= 50% |
Nebeltröpfchen, Pollen, Gesteinsstaub, Stäube v. Feldbewirtschaftung |
ISO ePM2,5 |
ePM2.5,min >= 50% |
Pilz- & Schimmelsporen, Pollen, Tonerstaub |
ISO ePM1 |
ePM1,min >= 50% |
Keime. Bakterien, Nanopartikel, Ruß, (z.B. aus Autoabgasen), Seesalz, |
Größenvergleich der Partikelspektren:
1 µm = 0,001 mm
ISO 16890 und EN 779
Die EN 779 ist aus informellen Zwecken dargestellt. Eine Vergleichbarkeit zwischen den Klassen der ISO 16890 und der EN779 ist nicht möglich, da die Beurteilungsverfahren zu unterschiedlich sind. Die folgende Tabelle versteht sich daher nur als Orientierungshilfe.
ISO 16890 ISO Coarse
| Filterklassen ISO ePM 10
| Filterklassen ISO ePM 2,5 | Filterklassen ISO ePM 1
| Filterklasse DIN EN 779 | Beispiel Partikel | Durchmesser |
ISO Coarse <35% |
- |
- |
- |
G1 |
Haar, Flusen |
20 - 200 μm |
ISO Coarse 35 - 50% |
- |
- |
- |
G2 |
|
|
ISO Coarse 45 - 65% |
- |
- |
- |
G3 |
|
|
ISO Coarse 60 - 95% |
- |
- |
- |
G4 |
Pollen
|
10 - 100 μm |
- |
ISO ePM 10 50 - 70% |
- |
- |
M5 |
|
|
- |
ISO ePM 10 60 - 80% |
ISO ePM 2.5 50 - 60% |
- |
M6 |
Sporen |
10 - 25 μm |
- |
ISO ePM 10 80 - 90% |
ISO ePM 2.5 65 - 75% |
ISO ePM 1 50 - 65% |
F7 |
Tonerpartikel |
5 - 20 μm |
- |
ISO ePM 10 90 - >95% |
ISO ePM 2.5 75 - 95 % |
ISO ePM 1 70 - 90% |
F8 |
|
|
- |
ISO ePM 10 90 - >95% |
ISO ePM 2.5 85 - 95 % |
ISO ePM 1 80 - >95% |
F9 |
|
|
Filterklassen gemäß EN 1822 und ISO 29463
Filterklasse DIN EN 1822 | Filterklasse ISO 29463 | integrale Anfangsabscheidung bei MPPS | Beispiel Partikel | Durchmesser |
E10 |
|
>= 85% |
Tonerpartikel |
5 - 20 μm |
E11 |
|
>= 95% |
Ölnebel |
0,3 - 5 μm |
E12 |
ISO 25 E |
>=99,5% |
Bakterien |
0,2 - 25 μm |
H13 |
ISO 35 H |
>= 99,95% |
Tabakrauch |
0,01 - 1 μm |
H14 |
ISO 45 H |
>= 99,995% |
Blaurauch |
|
Filterklasse DIN EN 1822 | Filterklasse ISO 29463 | integrale Anfangsabscheidung bei MPPS | Beispiel Partikel | Durchmesser |
U15 |
ISO 55 U |
>= 99,9995% |
Viren
|
0,01 - 1 μm |
U16 |
ISO 65 U |
>= 99,99995% |
Viren / Hormone
|
0,002 - 1 μm |
U17 |
ISO 75 U |
>= 99,999995% |
|
|
Messmethoden für Schwebstofffilter ISO 29463 vs. ISO 14644-3
Maßgeblich für die Klassifizierung von Schwebstofffiltern sind die, bis auf Teil 1 inzwischen ungültige, EN 1822 und die nahezu identische ISO 29463. Vielfach wird eine zusätzliche Prüfung entsprechend der in der ISO 14644-3 bei Kunden durchgeführt. Aufbau und Art der beiden Prüfverfahren und warum dies in der Praxis zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, wird im folgenden dargelegt.
Zunächst die grundsätzliche Feststellung, dass nur die EN 1822 bzw ISO 29463 die Klassifizierung eines Filterelements ermöglichen. Während die Leckprüfung gemäß ISO 14644-3 lediglich Auskunft gibt über dicht / undicht, erlaubt die Prüfung entsprechend den Ausführungen in den anderen beiden Normen eine Einstufung in die Filterklassen E10 bis U17.
Scantest gemäß ISO 29463
- Streng kontrollierte Bedingungen: Der Scantest nach ISO 29463 wird unter Laborbedingungen durchgeführt, die konstant und exakt kontrolliert sind (Luftstrom, Temperatur und Luftfeuchtigkeit). Diese stabilen Testbedingungen minimieren externe Einflüsse und sorgen für eine hohe Reproduzierbarkeit und Präzision der Messungen.
- Gezielte Partikelkonzentration und -größe: Die Aerosolbelastung (DEHS oder PSL) wird genau eingestellt, meist mit einer Partikelgröße von 0,1 bis 0,3 µm, um die Filterleistung unter den schwierigsten Bedingungen zu testen. Die Konzentration liegt typischerweise bei 10⁴ bis 10⁶ Partikeln pro Liter, was eine konsistente und präzise Belastung des Filters sicherstellt. Diese genauen Einstellungen tragen zur hohen Messgenauigkeit bei.
- Vollständiges Scanning der Filterfläche: Der Scantest umfasst das systematische Scannen der gesamten Filterfläche, sodass auch kleinste Leckagen und Schwachstellen genau lokalisiert werden können. Der Messkopf des Partikelzählers wird dabei in einem standardisierten Muster und mit einer präzisen Geschwindigkeit bewegt, um eine vollständige Abdeckung sicherzustellen.
- Direkte Messmethode: Da die Filterleistung direkt über die gemessene Partikelkonzentration hinter dem Filter bewertet wird, sind die Ergebnisse sehr präzise und geben eine direkte Aussage über die Effizienz und Integrität des Filters.
Fazit: Die Ergebnisse sind hochpräzise und reproduzierbar, da Umgebungsvariablen praktisch ausgeschlossen sind.
Leckprüfung gemäß ISO 14644-3
- Prüfbedingungen: Die Leckprüfung gemäß ISO 14644-3 wird unter realen Betriebsbedingungen im Reinraum durchgeführt. Dabei können Umgebungsfaktoren wie Luftströmung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit variieren. Diese Variabilität macht es schwieriger, konstante und kontrollierte Bedingungen wie im Labor herzustellen, was die Genauigkeit der Messungen beeinflusst.
- Aerosolkonzentration: Das Prüfverfahren verwendet ein Testaerosol (z. B. DEHS) mit einer bestimmten Partikelgröße (ca. 0,3 µm). Die Konzentration des Aerosols wird im Feld jedoch nicht so exakt und konstant eingestellt wie im Herstellerwerk. Dies kann zu Schwankungen in der Partikelbelastung führen und damit die Genauigkeit der Messung beeinträchtigen.
- Indirekte Messung und Scanmethode: Die Lecksuche erfolgt durch das systematische Scannen der Filterfläche mit einem Photometer oder Partikelzähler. Obwohl dies eine detaillierte Untersuchung ermöglicht, ist die Genauigkeit begrenzt, da die Leckagen indirekt über die Konzentrationsdifferenz des Aerosols vor und hinter dem Filter ermittelt werden. Im Gegensatz zum Scantest wird die Partikelkonzetration vor und hinter dem Filter in der Regel nicht gleichzeitig gemessen. Zusätzlich können die Bewegungen des Messkopfs, die Geschwindigkeit des Scans und die Positionierung Einfluss auf die Genauigkeit haben.
- Schwankungen in der Betriebssituation: Da das Verfahren unter echten Bedingungen durchgeführt wird, können Störfaktoren wie Personenbewegungen, Maschinenaktivität oder Temperaturschwankungen die Messergebnisse beeinflussen. Diese Störfaktoren können zu Ungenauigkeiten führen, insbesondere wenn die Partikelkonzentration im Raum durch externe Einflüsse verändert wird.
Fazit: Die Genauigkeit der Leckprüfung nach ISO 14644-3 ist eingeschränkt durch die variablen Feldbedingungen und die indirekte Natur der Messung. Sie bietet jedoch eine realistische Bewertung der Filterleistung im tatsächlichen Einsatzumfeld.
Zusammenfassung des Genauigkeitsvergleichs
- ISO 14644-3: Bietet eine praxisnahe, aber weniger genaue Bewertung der Filterleistung unter realen Bedingungen, bei der variable Umgebungsfaktoren und indirekte Messmethoden zu Abweichungen führen können.
- ISO 29463: Liefert präzise, reproduzierbare und konsistente Ergebnisse, da die Messung unter standardisierten Laborbedingungen erfolgt und die Partikelkonzentration und -größe gezielt kontrolliert werden.